Schülersprecher 2017/18: Aaron Kruse und Benjamin Credo
Über uns:
Sehr geehrte Schüler, liebe Lehrer und Eltern,
wir, das sind Aaron Kruse (11MA2) und Benjamin Credo (11PO1), bilden im Schuljahr 2017/18 das Team der Schülersprecher. Dabei stehen wir ein für eine Verbesserung der schulischen SV-Arbeit, sowie für Themen wie eine Optimierung des Internets innerhalb des Schulgebäudes. Wir freuen uns allerdings auch über jede Anregung von Eurer oder Ihrer Seite in Form einer Email an unser Iserv-Konto mit der Adresse schuelersprecher@ratsgymnasium-row.eu. Möglich ist aber auch, einen Zettel in unseren Sekretariats-Briefkasten zu werfen. Wir freuen uns auf die gemeinsame Arbeit.
Aaron und Benjamin
Rede des Schülersprechers Jannic Puschmann anlässlich des Holocaust-Gedenktags 2017
Am 27. Januar 2017, dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz, beging die Stadt Rotenburg den Holocaust-Gedenktag. Einer der Redner war der damalige Schülersprecher Jannic Puschmann. Hier der Text seiner Rede:
"An diesem Tag vor 72 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz durch Soldaten der Roten Armee befreit. Am 27.01.1996 versammelte sich der Bundestag erstmals, um mit einem Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus‘ zu erinnern. Die Erinnerung dürfe nicht enden, forderte damals Bundespräsident Roman Herzog. Und er sagte: „Ohne Erinnerung gibt es weder Überwindung des Bösen noch Lehren für die Zukunft.“ Ich möchte in meiner Rede die Notwendigkeit des Erinnerns und unsere Verantwortung für die Geschichte ansprechen.
Als wir im Politikunterricht auf das Dritte Reich zu sprechen kamen, meldete sich einer meiner Mitschüler und meinte, er sei angeödet von dem ewigen Gedenken und dem „ständigen“ Ansprechen des Holocausts. Ihn würde es nerven, dass „andauernd vom Dritten Reich und seinen Verbrechen“ gesprochen werde. Weiterhin störe ihn die „Moralkeule“, die jedes Mal geschwungen werde. Das sei doch nun 70 Jahre her und er als Schüler könne doch nichts dafür. Nur weil „vor sehr langer Zeit“ die Deutschen erhebliche Verbrechen verübt hätten, müsse er sich doch nicht schuldig fühlen, und es müsse nicht ständig darüber gesprochen und der damaligen Verbrechen gedacht werden. Seine Äußerungen stießen bei den Mitschülerinnen und Mitschülern auf Widerstand. Es wurde entgegnet, dass 70 Jahre keine lange Zeit sei. Einige kannten noch Menschen oder hatten jemanden kennengelernt, die oder der Zeitzeuge der Geschehnisse in den 30-er und 40-er Jahren geworden war. Unsere Lehrerin hatte ebenfalls eigene Erlebnisse von Begegnungen zu diesem Thema zu erzählen. Außerdem wurde eingewendet, dass auch Rotenburg, die Stadt, in der viele wohnen und wir alle zur Schule gehen, Tatort von Verbrechen der Nationalsozialisten geworden war.
Im Folgenden werde ich anhand von zwei Beispielen dieses näher erläutern. Im ersten Beispiel geht es um die heutigen „Rotenburger Werke“. Damals hießen sie noch „Rotenburger Anstalten“ und ihre Geschichte spiegelt exemplarisch die Entwicklung des Umgangs mit Menschen mit Behinderung zur Zeit des Nationalsozialismus wider.
Im Sommer 1933 wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ verabschiedet. Daraufhin kam es zu Sterilisierungen von Erbkranken.
Hitler beschloss, mit einer „Befreiung des Volkes von der Last der Geisteskranken“ aber noch abzuwarten, da diese bei Anfang eines schon geplanten Krieges „glatter und leichter durchzuführen sei.“ Ihm war klar, dass dieses Vorgehen gegen die fundamentalen Werte des Christentums verstieß und in der Bevölkerung sowie bei den Kirchen heftige Kritik hervorrufen würde. Doch im Oktober 1939 unterschrieb Adolf Hitler den Führererlass: Ich zitiere: „Reichsleiter Bouler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.“
Mit der Umsetzung des Befehls wurde eine eigene Behörde beauftragt. Sie wurde nach ihrem Sitz in der Berliner Tiergartenstraße 4 „Aktion T4“ benannt und begann nun damit alle Wohn- und Pflegeheime für Menschen mit Behinderungen systematisch nach Bewohnern zu durchsuchen, die als lebensunwert bewertet wurden. Bis zum August 1941 wurden insgesamt 70.273 Behinderte im Rahmen der Aktion T4 ermordet. Angesichts dieser Größenordnung war es unvermeidbar, dass das Schicksal der „auf Transport“ geschickten Patienten in der Öffentlichkeit bekannt wurde. In der Stadt Hamadar in Hessen kamen oft mehrmals in der Woche Autobusse voll mit Opfern an, die dort ermordet wurden. Kinder erkannten irgendwann die Autos und wenn sie eines sahen, hörte man sie plaudern: „Da kommt wieder die Mordkiste.“ Bei alten Leuten hörte man die Worte: „Nach den Schwachsinnigen kommen die Alten als unnütze Esser an die Reihe.“
Hinterbliebene der Opfer hatten Nachforschungen angestellt und sich hilfesuchend an Bürgermeister oder Pfarrer gewandt.
Beispielsweise hatte Münsters Bischof Clemens August von Galen am 03. 08. 1941 erhebliche Kritik an der Euthanasie geäußert. Nachdem er sich schon zuvor kritisch gegenüber der Gestapo geäußert hatte, kritisierte Bischof von Galen die Ermordung der Menschen mit Behinderungen. (Übrigens verurteilte er jedoch nicht die Diskriminierung und Verfolgung der Juden.) Diese merkbare Unruhe mag dem Regime zu denken gegeben haben. Denn Hitler war der Überzeugung, dass der Krieg ohne eine einheitliche Heimatfront, nicht gewonnen werden konnte. Er war überzeugt, dass die Niederlage im Ersten Weltkrieg einzig durch Auseinandersetzungen im Inneren zustande gekommen war.
Dabei mag auch der gerade begonnene Krieg gegen die Sowjetunion und die damit verbundene, besonders sensible Beobachtung der Stimmung in der deutschen Bevölkerung eine Rolle gespielt haben.
So gab Hitler daraufhin den mündlichen Befehl zur Einstellung der Aktion T4. Dies zeigt, dass unter bestimmten Umständen öffentlicher Widerspruch, Proteste der Kirchen oder anderer einflussreicher Gruppen Einfluss auf die Entscheidungen des Regimes nehmen konnten.
Die Ermordung der Menschen mit Behinderungen wurde nicht beendet, sondern verlagert. Es wurden weiterhin Patienten getötet, nun aber insbesondere durch Überdosen von Medikamenten und durch systematische Unterernährung. Ab Ende 1943 wurden derartige „Heil- und Pflegeanstalten“ geschlossen und die Patienten verlegt oder getötet, um so Platz für verwundete Soldaten zu schaffen.
Auch 547 Frauen und Männer der Rotenburger Anstalten wurden Opfer der systematischen Tötungen der „T4“. Dabei hat sich in Rotenburg die Anstaltsleitung noch geweigert, die Patienten-Frageböge, welche von der Aktion T4 verschickt wurden, zu bearbeiten und auszufüllen. Am 24.4.1941 traf daher eine Ärztekommission der „Aktion T4“ ein, „um der Anstalt die Arbeit mit den Fragebögen abzunehmen“. Gleichzeitig begannen die Deportationen von Bewohnerinnen und Bewohnern. Namentlich bekannt sind eben diese 547 deportierten und ermordeten Opfer aus den Rotenburger Anstalten.
Ein anderer Tatort ist das Haus Große Straße 32 - Textilgeschäft. Getroffen wurde die jüdische Familie Cohn, die hier lebte. Hermann und Gertrud Cohn betrieben in der Großen Straße 32 ein Textilgeschäft mit Schneiderei. Dort war seit 1861 der Geschäftsladen der Familie Cohn. In Rotenburg waren die Cohns eine angesehene Familie und voll integriert. Sie lebten in ihrem Haus mit den beiden Töchtern Erna und Hildegard. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Familie jedoch zunehmend gesellschaftlich isoliert. So wurde auch die Familie Cohn von den insgesamt 1973 Verfügungen gegen die jüdische Bevölkerung getroffen.
Viele der Gesetze, die auch die Familie Cohn betrafen. wie beispielsweise die „Nürnberger Gesetze“ mögen inhaltlich bekannt sein. Einige dieser Verfügungen wurden verabschiedet, um die Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung aus der deutschen Zivilgesellschaft voranzutreiben.
Ich zähle hierzu nun Einige auf:
22.8.1933: Deutsche Allgemeine Zeitung: Badeverbot für Juden an Badestränden und in öffentlich Bädern
7.1.1936: Geheimes Staatspolizeiamt: Juden ist das Tragen von Reichssportabzeichen und Reichsjugendsportabzeichen untersagt.
3.12.1938: Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei: Die Führerscheine und Kraftwagenzulassungen der Juden werden für ungültig erklärt.
7.12.1339: Reichswirtschaftsministerium: Kleiderkarten, die Juden zugeteilt worden sind, sind ihnen sofort zu entziehen.
4.7.1940: Polizeipräsident Berlin: Für den Einkauf von Lebensmittel von und für Juden wird in Berlin die Stunde von 4:00 bis 5:00 Uhr nachmittags festgesetzt.
Diese und noch viele weitere diskriminierende Verordnungen schränkten das Leben der Familie Cohn unglaublich ein. Sie zeigen, wie damals auch hier in unserer Region, unserer Heimat, mit Menschen und ihrer Würde umgegangen wurde. Sie wurde mit Füßen getreten. Man hat es geschafft, eine ganze Bevölkerungsgruppe, eine Glaubensgemeinschaft, zu isolieren, abzuschotten, zu zerstören. Für die Familie Cohn fanden diese schrecklichen Ereignisse 1938 einen Höhepunkt. Da ihre Eltern das Schulgeld nicht mehr bezahlen konnten, musste Hildegard Cohn 1935 die Schule verlassen. Um ihrer Familie finanziell nicht zur Last zur werden, suchte sie eine Anstellung außerhalb Rotenburgs. So kam sie im Juni 1936 nach Warendorf zur jüdischen Familie Elsberg, bei der sie als Hausmädchen eine Anstellung erhielt.
Als in der Reichsprogromnacht in der Nacht vom 09. Auf den 10. November 1938 jüdische Bürger aus Rotenburg und Umgebung in das Rotenburger Gefängnis gesperrt wurden und Männer der SA systematisch die Gebäude, Geschäfte und Synagogen der Juden zerstörten, versteckte sich Hildegard, in einer Kiste auf dem Dachboden der Familie Elsberg. Sie schloss die Tür zum Dachboden nicht ab, damit niemand auf den Gedanken käme, dass sich jemand dort eingeschlossen habe. Sie konnte hören, wie betrunkene Männer auch auf den Boden kamen, gegen ihre Kiste mit dem Fuß stießen und lachten. Entdeckt wurde sie glücklicherweise nicht. Vermutlich bewahrte sie die Entscheidung, nicht abzuschließen, vor schweren Verletzungen, wenn nicht sogar vor dem Tod. Nach dieser Nacht, machte sich Hildegard Cohn Gedanken, wie sie aus Deutschland fortkommen könne. Sie war der Überzeugung, wenn sie in Warendorf bliebe, würden die Nationalsozialisten sie eines Tages umbringen.
Mithilfe von Verwandten konnte Gertrud Cohn ihrer Tochter Hildegard die Flucht nach England ermöglichen. Dort überlebte Hildegard Cohn den zweiten Weltkrieg und heiratete in England, bevor sie 1948 mit ihrer Familie nach Deutschland zurückkehrte. Heute lebt sie in einem betreuten Wohnheim in Dresden im Alter von 97 Jahren.
Diese zwei Beispiele – der Umgang mit der Euthanasie und das Schicksal der Familie Cohn - zeigen, dass wir weder vergessen noch aufhören dürfen, zu erinnern. Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland heißt es im Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dort steht nicht: „Die Würde des deutschen Menschen ist unantastbar. Und im Artikel 3 heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen und politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Wenn wir diese Artikel lesen und dann mit der Realität vergleichen, dann erkennen wir, dass es immer wieder Versuche gibt, diese Grundrechte mit Füßen zu treten.
Damit ist beispielsweise die Rede gemeint, welche der AfD- Fraktionsvorsitzende Thüringens Björn Höcke am 17. 01. 2017 in Dresden abhielt: Darin meinte er: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Gemeint ist ohne Zweifel das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, kurz Holocaust-Mahnmal, in der historischen Mitte Berlins. Diese Aussage ist ein Versuch, die deutsche Geschichte neu zu bewerten und es muss klar sein: Nicht das Denkmal, sondern Herr Höcke ist eine Schande für Deutschland.
Deshalb müssen wir uns ständig bewusst sein, dass wir mit der Geschichte zu leben haben- mit unserer Geschichte. Und egal, wie vermeintlich lang Geschehnisse her sind, wir haben die Verantwortung, dass sie nicht in Vergessenheit geraten. Und mit „wir“ meine ich besonders meine Generation. Wir werden nun auch bald die Aufgabe bewältigen müssen, die Ereignisse dieser schrecklichen Zeit an wieder Jüngere weiterzugeben. Dafür sind Gedenktage wie dieser, meiner Meinung nach, bestens geeignet, denn Gedenktage führen eine Gesellschaft zusammen in der Reflexion über die Ereignisse in der Geschichte. Denn ob wir es nun wollen oder nicht: Einschneidende Ereignisse hinterlassen ihre Spuren –auch bei den nachfolgenden Generationen. Ebenfalls tragen wir alle, und damit meine ich alle Menschen in einem Land, die Verantwortung, welchen Weg dieses Land in Zukunft gehen wird, und wir müssen darauf achten, dass die Würde des Menschen Basis unseres politischen Handelns bleibt. Es liegt an uns allen, ob wir es schaffen, Mitmenschlichkeit zu schützen und zu bewahren. Ob wir es schaffen, die Rechte eines jeden Menschen zu schützen und ob wir es schaffen, in einer Gemeinschaft zu leben, in der Solidarität und Akzeptanz gelebt wird.
Wer sich als Schüler an meiner Schule besonders engagieren möchte, hat die Möglichkeit, an der AG „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ teilzunehmen. Damit gehört meine Schule zu einem Schulnetzwerk aus Schulen in ganz Deutschland, welches sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung einsetzt. Wir haben schon einige Events organisiert, welche beispielsweise Flüchtlingen oder Behinderten zugutegekommen sind.
Insofern möchte ich mir und Ihnen auf den Weg geben, dass wir nicht vergessen dürfen.
Danke."
Kunstkurs 11Ku2: Besuch der Kunsthalle Bremen
Im Zuge des Semesterthemas ‘Bilder vom Menschen’ besuchte der Kunstkurs 11Ku2 die Kunsthalle in Bremen (http://www.kunsthalle-bremen.de
Der "TAG DER OFFENEN TÜR" für den kommenden Jahrgang 5 findet am 22. Februar 2019 ab 15:00 Uhr statt.
Die Termine für die Anmeldung sind:
Bringen Sie, wenn möglich, bitte folgende Unterlagen mit zur Anmeldung: